FORL bei Katzen - CORL beim Hund
schmerzhafte Zahnerkrankungen mit vielen Namen
Die Zahnerkrankung FORL ist eine Krankheit der Katze, die auch unter den Namen Resorptive Läsionen (RL), Tooth Resorption (TR) oder Neck Lesions bekannt ist oder war. Die Abkürzung FORL steht für Feline Odontoklastische Resorptive Läsionen. Ähnliche Phänomene dieser resorptiven Läsionen sehen wir selten auch beim Hund, beim Pferd oder beim Menschen. Beim Hund sprechen wir dementsprechend von CORL (Canine Odontoklastische Resorptive Läsionen).
Ätiologie und Pathogenese
Und was sind FORL bei Katzen genau?
Das klingt ja wie Karies?
Auf den ersten Eindruck besteht eine Verwechslungsgefahr mit (menschlicher) Karies, weswegen man die FORL zum Teil landläufig „Katzenkaries“ nennt. „Echte“ Karies zerstört ebenfalls große Teile der Zahnhartsubstanz. Der große Unterschied: Karies wird durch Bakterien verursacht, die sich im Mund befinden, vor allem in den Zahnbelägen, den sogenannten „Plaques“. Durch die Verdauungsprozesse der Bakterien entstehen Säuren, die die Zahnoberfläche angreifen. Der Zahn wird demineralisiert und bekommt Löcher, als Abwehrreaktion bildet der Zahn schützendes Tertiärdentin nach. Beim FORL Zahn brechen Teile der Zahnkrone aus, das umgebende Zahnmaterial ist aber unverändert. Schützendes Dentin wird nicht nachgebildet.
Wenn es kein Karies ist, was ist es dann?
Ursache für die FORL der Katze sind fehlgeleitete körpereigene Zellen. Die „Löcher“ entstehen also nicht durch Schadstoffe von außen (‚Noxen‘), sondern durch autoimmune Vorgänge. Diese ‚fehlgeleiteten’ Zellen sind die sogenannten Odontoklasten, deren Aufgabe es ist, Zahnhartsubstanz abzubauen. Das passiert normalerweise vor allem bei der Zahnwurzel des Milchzahns, die ja aufgelöst werden muss, um dem bleibenden Zahn Platz zu machen. Bei der FORL machen sich die Odontoklasten aber an den bleibenden Zähnen zu schaffen und bauen das Dentin (Zahnhartsubstanz) ab. Da körpereigene Zellen das Problem verursachen, wird die FORL als autoimmune Erkrankung eingestuft.
Wie verläuft die FORL?
Die Odontoklasten lösen meist zunächst Teile der Zahnwurzeln auf, was man von außen nicht erkennen kann. Im weiteren Verlauf der Erkankung lösen sich Teile der Zahnkrone auf, was man mit einer Sonde ertasten und später auch sehen kann. Im finalen Stadium findet man sehr große, deutlich sichtbare Defekte an der Zahnkrone. Da die Nervenstrukturen der Zähne aber vollständig erhalten bleiben, entstehen Zahnschmerzen.
Was kann ich gegen FORL tun? – Vorbeugung einer FORL
Nach aktuellem Kenntnisstand ist unklar, warum FORL bei der Katze entsteht. Man vermutet, dass das Zusammenspiel einiger Faktoren die Entstehung einer FORL begünstigen können. Unter Verdacht stehen hier eine unpassende Immunantwort, mechanischer Stress, virale Infektionen, eine Störung in der Calciumhomöostase, aber auch chronische Entzündungen des Maules und des Zahnhalteapparates.
Die Art des Futters (trocken oder nass) scheint keinen Einfluss auf die Entstehung der FORL zu haben. Diskutiert wird aber, ob Katzenfutter mit ungünstigem Calciumverhältnis ein Entstehen der Erkrankung begünstigt. Es scheint daher sinnvoll ein Futter mit idealem Kalzium : Phosphat Verhältnis (1:1) zu geben. Das kommt dem gesamten Organismus zugute, insbesondere auch den Knochen. Fragen Sie ihren Tierarzt nach Unterstützung!
Wie viele Katzen sind betroffen?
Die Zahlen sprechen für sich: Fast jede dritte Katze ist von FORL betroffen, ab einem Alter von 5 Jahren ist es sogar jede zweite Katze, unabhängig von der Rasse. Es handelt sich damit um eine der häufigsten und schmerzhaftesten Erkrankungen der Katze. Die Lebensqualität von Katzen die von FORL betroffen sind, ist beeinträchtigt.
Klinisches Bild, Einteilung und Symptome
Formen der FORL – klinische Einteilung
Man teilt FORL bei der Katze entsprechend der Empfehlungen des American Veterinary Dental College (AVDC) in 3 Typen ein.
Forl Typ 1
Beim Typ 1 finden sich starke Entzündungsanzeichen. Zahndefekte sind auf den ersten Blick oft nicht gut erkennen, da entzündetes Zahnfleisch an den Zähnen der Katze ‚hochwuchert‘ und die Defekte maskiert. Im Röntgenbild zeigen sich jedoch deutliche Wurzel- und Zahnkronenauflösungen, wobei der Parodontalspalt (Raum zwischen Zahn und Kieferknochen) vollständig erhalten ist.
FORL Typ 2
Beim Typ 2 finden sich keine Entzündungsanzeichen. Das Zahnfleisch ist in der Regel unauffällig. Im Röntgenbild erkennt man aufgelöste Zahnanteile, die durch knochenartiges Material aufgefüllt werden. Dieses Auffüllen führt zu einer ‚verwaschenen Zahn-/Kieferknochengrenze‘. Wir bezeichnen das als ‚Ankylose‘ (Fusion der Zähne mit dem Kieferknochen). Der Parodontalspalt ist dementsprechend nicht mehr zu erkennen.
FORL Typ 3
Typ 3-betroffene Zähne der Katze zeigen Charakteristika von beiden Typen, Typ 1 und Typ 2.
Fazit
Achtung! Wegen der brüchigen Substanz brechen Zahnkronen von FORL Zähnen häufig ab. Es kann aber sein, dass Wurzelreste im Kieferknochen stecken. Das ist schmerzhaft und beeinträchtig die Lebensqualität von Katzen unter Umständen sehr. Daher sollten Katzenzähne regelmäßig mit einem Dentalröntgengerät geröngt werden.
FORL bei Katzen - Wie erkenne ich das?
Symptome im Maul und an den Zähnen
Da Katzen evolutionsbedingt Schmerzen wenig zeigen, ist der Beginn einer TR schlecht zu erkennen. Bei Kronenausbrüchen ist jedoch immer eine Schmerzhaftigkeit festzustellen. Die Zahnpulpa (der „Nerv“) wird bei FORL durch den ersatzlosen Verlust der Zahnhartsubstanz freigelegt. Schützendes Dentin wird nicht nachgebildet. Dass solche Zahnschmerzen äußerst unangenehm sind, muss nicht betont werden. Bei der Katze sind zudem oft mehrere Zähne gleichzeitig betroffen.
Optisch ist oft ein geröteter Saum der Gingiva (Gingivitis) zu erkennen, und gilt als Warnsignal für eine RL. Auch verdächtig sind fehlende Incisiven (Schneidezähne). Normalerweise finden wir bei der Katze 6 Schneidezähne im Oberkiefer und 6 im Unterkiefer.
Sehr häufig erkennt man die ersten Läsionen an den beiden kleinen Backenzähnen im Unterkiefer (307/407).
Schmerzsymptome und auffällige Verhaltensweisen
Wie bereits erwähnt, sind Katzen Meister darin, Schmerzen zu verbergen. Einige der folgenden Verhaltensweisen können sie aber unter Umständen zuhause erkennen, und ihre Katze dann ihrem Tierarzt oder ihrer Tierärztin vorstellen.
FORL – auf diese Anzeichen sollten sie achten
• schiefe Kopfhaltung, einseitiges Kauen und plötzliches Wegzucken beim Fressen
• dezentes Kieferklappern (auch Chattering genannt)
• Vermeiden von kaltem Futter
• generelle Ablehnung des Futters
• merkwürdige Fressgeräusche, wie Schmatzen und Zähneknirschen, starker Speichelfluss,
• unübliche Kieferbewegungen beim Kauen
• ungewöhnlicher, starker Mundgeruch
• Umschleichen des Napfes
• hastiges Fressen
• Fallenlassen der Nahrung
• hochwachsendes und/oder entzündetes Zahnfleisch
• Knurren, Fauchen, Aufschreien beim Fressen
Diagnostik
Klinische Untersuchung
Die oben beschriebenen Auffälligkeiten wird ein aufmerksamer Tierarzt zum Beispiel beim jährlichen Gesundheitscheck feststellen und ansprechen. Bei kooperativen Tieren können kaputte Zähne im Verdachtsfall sondiert werden. Dabei kann ein sogenanntes ‚Chattering‘ (Klappern mit dem Kiefer) beobachtet werden. Dies weist auf starke Zahnschmerzen hin. Üblicherweise findet ein Großteil der Befunderhebung am sedierten/narkotisierten Tier statt.
Radiologische Diagnostik
Nach Feststellung von Auffälligkeiten an Katzenzähnen ist es erforderlich, die weitere Diagnostik in Narkose durchzuführen. Hierbei ist ein Zahnröntgen (intraorales Röntgen) der verdächtigen Zähne unabdingbar. Das liegt auch am oben beschriebenen Charakter der FORL: viele Probleme können wir klinisch von außen nicht gut erkennen, da diese im Bereich der Zahnwurzeln sitzen, die wir nur im Dentalröntgen darstellen können.
Da der Beginn der Erkrankung im Verborgenen abläuft, ist immer anzuraten, einen kompletten aktuellen Zahnstatus zu erheben. Auch regelmäßige radiologische Nachkontrollen sind wichtig, um ein Fortschreiten der Erkrankung festzustellen. Das Narkoserisiko ist bei gesunden Tieren und guter Anästhesietechnik verschwindend gering und sollte nicht der Grund sein, warum Katzenzähne nicht behandelt werden.
Allerdings müssen Tiere für Zahnbehandlungen ausschließlich gut geführte Narkosen erhalten. Das ist in der Regel nur durch eine Inhalationsnarkose möglich! Fragen Sie Ihren Tierarzt!
Der Status des gesamten Gebisses der Katze muss spätestens dann vollständig geklärt werden, wenn bei einem oder mehreren Zähnen FORL diagnostiziert wurde.
Therapie der FORL bei Katzen
In Ermangelung anderer Therapieoptionen müssen betroffene Zähne gezogen werden. Das erfolgt in der Regel durch die chirurgische Extraktion der betroffenen Zähne. Durch die Umbauprozesse an den Zahnwurzeln sind Kieferknochen und Wurzel häufig miteinander verwachsen, so dass es meist notwendig ist, sich über Zahnfleisch und Kieferknochen einen Zugang zur Wurzel zu verschaffen. Eine Wundnaht über den leeren Zahnfächern erleichtert die Heilung und verhindert das Einpressen von Futter.
Sogenannte ‚gedeckte‘ Extraktionsversuche von Zähnen sollten vermieden werden. Eine Füllung der Zähne mit Zement (wie in der Humanmedizin) ist bei FORL nicht sinnvoll, da die Resorption um die Füllung weiter voranschreitet.
Wurzeln, die nicht vollständig extrahiert werden können, werden zum Teil ‚atomisiert‘. Hierbei wird die Wurzel durch Ausfräsen entfernt. Die möglichen Folgen können allerdings schwerwiegend sein (zB. Hitzenekrosen und Beschädigung der Nachbarzähne), so dass diese Methode ausschließlich von erfahrenen Tierzahnspezialisten durchgeführt werden sollte.
Bei Typ 2 der RL werden teilweise auch ‚nur‘ Kronenamputationen durchgeführt. Dies ist aber nur bei Wurzeln ohne Paradontalspalt und ohne starke Entzündung anzuraten. Danach sind regelmäßige Röntgenkontrollen sinnvoll.
In der Zeit, in der die Wundheilung stattfindet sollen Entzündungen der frischen Wunde vermieden werden. Daher erhalten betroffene Tiere Antibiotika und Schmerzmittel. Bereits am ersten Tag nach der OP können Hunde und Katzen wieder Nahrung aufnehmen. Dabei sollte es sich in den ersten Wochen ausschließlich um Feuchtfutter handeln.
Ohne Narkose geht es nicht!
Bei Mundhöhlenproblemen sollte FORL als mögliche Ursache in Betracht gezogen werden. Eine genaue Untersuchung ist aber erst nach Entfernung aller Zahnbeläge möglich. Eine definitive Aussage zum Vorliegen anfänglicher FORL-Defekte kann nur über Zahnröntgenaufnahmen erfolgen. Diese Zahnröntgenaufnahmen und das Entfernen der Zahnbeläge erfordern eine Narkose, was angesichts der Schmerzhaftigkeit und Häufigkeit von FORL sicherlich vertretbar ist.
Vor allem da die Behandlung eh eine Narkose notwendig machen würde. Die röntgenologische Diagnose und Behandlung werden daher in der Regel in einer Narkose kombiniert, um die Belastung des Tieres so niedrig wie möglich zu halten.
Kann meine Katze ohne Zähne fressen?
Futter kann auch bei stark reduzierter Zahnzahl oder bei völliger Zahnlosigkeit von der Katze gut aufgenommen werden oder zumindest wesentlich einfacher und schmerzfreier, als wenn FORL-Defekte weiter bestünden.
Alltag mit einer FORL-Diagnose ihrer Katze
Die Diagnose FORL und eine damit einhergehende Operation kann bedrückend sein, vor allem in Hinblick darauf, dass die betroffenen Tiere vielleicht irgendwann keine oder nur noch wenige Zähne haben. An dieser Stelle möchten wir Sie beruhigen: Auch wenn in manchen Fällen ein Zahnersatz hilfreich sein kann, kommen Katzen und Hunde durchaus ohne Zähne zurecht. Sind die Wunden nach der Operation verheilt, können die Tiere wieder normal fressen, eventuell sogar besser als vorher, weil sie keine Schmerzen beim Kauen mehr spüren.
Bei manchen Katzen und Hunden ist eine dauerhafte Umstellung auf Nassfutter anzuraten, dies muss aber nicht der Fall sein. Manche Tiere ‚kauen’ sich das Trockenfutter nach einer Einheilungsphase mit dem Kieferknochen klein. Beobachten Sie die Katze, um die Fütterung entsprechend anzupassen. Eventuell bemerken Sie bei Ihrem Tier, dass es direkt nach der Operation trotz Wundschmerz wieder zugänglicher und lebensfroher ist oder aktiv Ihre Gesellschaft sucht. Das zeigt einmal mehr, wie schmerzhaft eine FORL/CORL sein kann und weshalb es so wichtig ist, diese zu behandeln.
Fazit und Take Home Message
Bei FORL handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, die bei Katzen sehr häufig auftritt. Bei Hunden wird diese als CORL bezeichnet. Dabei lösen sich die Zähne der betroffenen Tiere auf, was sehr große Schmerzen verursacht. FORL/CORL kann weder vorhergesehen, noch verhindert werden. Allerdings erkrankt im Schnitt jede zweite Katze im Laufe ihres Lebens daran, was eine hohe Wahrscheinlichkeit ist.
FORL ist keine ansteckende Erkrankung der Zähne. Man muss sich also keine Sorgen machen, wenn man mehrere Katzen hält oder eine Katze regelmäßig nach draußen geht.
Heilbar ist diese Erkrankung leider nicht. Das bedeutet, dass weder die klassische Medizin noch Methoden aus der Homöopathie dagegen helfen können. Bisher stellt die einzig wirksame Therapie bei FORL das Entfernen der betroffenen Zähne dar. Die gute Nachricht: in der Hand eines erfahrenen Tierarztes ist die FORL Behandlung oft erfolgreich!
Dass Tiere an FORL/CORL leiden, lässt sich nicht immer gut erkennen. Bei bereits fortgeschrittener Erkrankung lassen sich scheinbare Zahnlücken (abgebrochene Zähne) feststellen. Bei FORL Typ 1 kommt es häufig zu Zahnfleischentzündungen und- wucherungen.
Um das Risiko für die Katze zu minimieren, sollten Sie sicherstellen, dass sie sich ausgewogen ernährt. Außerdem ist auf eine ausreichende Maulhygiene zu achten, die zum Beispiel mithilfe von speziellen Zahnbürsten und Zahnpasten für Hunde und Katzen unterstützt werden kann. Wichtig sind darüber hinaus regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Tierarzt, wo entsprechende Gesundheitschecks durchgeführt werden.
Fazit
Sollten Sie bei ihrer Katze fehlende Zähne, Entzündungen, Kronenausbrüche, einseitigen Zahnstein, vermehrtes Speicheln oder ein Chattering feststellen, ist eine Vorstellung bei einem Tierarzt mit guten Kenntnissen in der Tierzahnheilkunde dringend anzuraten.
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